Hier können Sie nicht stehen

Ich schätze die Frau, die mich anbellt, auf um die 80.
Steht vor mir und hat mein freundliches „Guten Morgen“ komplett überhört.
Um drei Uhr von zu Hause los gefahren, treffe ich kurz vor Sieben in Wernigerode ein und stehe nun an diesem kalten Januarmorgen 2008 zum ersten Mal vor dem Haus Kochstraße 41 – in Arbeitskleidung.
Wobei „stehe“ nicht ganz richtig ist, denn ich bin gerade erst ausgestiegen und im Begriff, das mitgebrachte Werkzeug auszuladen.
Da sehe ich die Alte, wie sie sich mir nähert, und natürlich grüße ich zuerst. Alte Schule.
„Hier können Sie nicht stehen bleiben!“
„Ja, schon klar. Ich will ja nur mein Werkzeug auspacken.“
„Nachher kommt mein Enkel und will Möbel abholen, da muß der hier durch!“
Ich stutze. Hier durch?
Ich sehe auf den Poller unmittelbar hinter meinem Auto, mitten in der Straße stehend, die Durchfahrt versperrend.
„Aber, hier kommt der doch gar nicht durch“, denke ich und sage das auch.
„Das geht Sie gar nichts an!“
Bellt es, dreht sich um und geht.
Und ich stehe da.
Noch vor wenigen Minuten war ich froher Dinge, hatte Lust auf den Tag und das, was er bringen würde.
Und nun giftet mich eine Frau an, die ich nicht kenne, nie gesehen habe, der ich nichts getan habe und aus Gründen, die ich nicht verstehe.
Meine gute Laune ist hin.
Würde ich ahnen, was noch kommt, ich würde mir die schlechte Laune für später aufheben.

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