Ich rufe die Polizei
Wer er ist?
Keine Ahnung.
Was er will?
Keine Ahnung.
Obwohl, das hat er ja eben gerade gesagt: „Ich rufe die Polizei!“
Und weil er mich dabei ansieht und einen hochroten Kopf hat, scheint seine Ankündigung mit mir zu tun zu haben.
„Warum rufen Sie die Polizei? Wer sind Sie überhaupt? Und warum scheint jeder in dieser Stadt Spaß daran zu haben, mich anzuschnauzen?“
„Das hier ist ein Museum! Überall der Dreck und die Wände wackeln! Das melde ich denen von der Stadt und …“(Es kommen noch ein paar Namen und Adressen, ich höre aber nicht mehr hin.)
„Das heißt also, Sie wollen auch, daß ich aufhöre zu arbeiten?“
Inzwischen ist es 9 Uhr an diesem ersten Arbeitstag am Haus Nr. 41 in der Kochstraße und ich habe in meinem Denken inzwischen Platz für die Überlegung, daß es Menschen geben könnte, denen mein Tun nicht gefällt.
Gehört der hier auch dazu?
Bevor ich aber mehr erfahre, dreht er sich um und will im Kleinsten Haus verschwinden.
Das gefällt mir nicht.
Das wäre jetzt schon das dritte Mal in nur zwei Stunden, daß wildfremde Menschen mich beschimpfen, sich dann umdrehen und ohne ein weiteres Wort gehen.
Immerhin ist es diesmal ein Mann.
Meine innere Programmierung springt vom BeschützenswerteSchwacheFrau – in den VernichteDenGegner – Modus.
Meine frühzeitlichen Vorfahren melden sich zu Wort.
Also bleibe ich diesmal nicht einfach stehen, nachdem ich angepöbelt worden bin, sondern gehe dem Mann hinterher.
„Das muß ein Ende haben, daß hier jeder seine Schuhe an dir putzt“, denke ich und betrete zum ersten Mal in meinem Leben das kleinste Haus der Stadt.
Ich kann nicht behaupten, hinein gebeten worden zu sein, es sei denn, die Androhung, die Polizei zu holen, wäre eine versteckte Einladung und nur Einheimischen verständlich?
Aber egal.
Hier ist ein Mann, der mich blöd angequatscht hat, und jetzt läuft er weg.
Keine schlechte Ausgangsposition für einen Kampf.